Wie Fastfood krank macht
Fastfood zeichnet sich insbesondere durch einen hohen Fett- und Kaloriengehalt aus. Meist handelt es sich um Kombinationen aus Zucker, Weissmehl und Fett oder aus verarbeiteten Fleisch- oder Milchprodukten, wie etwa Hotdogs, Fertigkuchen, Trinkjoghurts und Pizza. Forscher der Universität Bonn verkündeten 2018, dass das Immunsystem auf Fastfood ähnlich reagiere wie auf eine bakterielle Infektion, was langfristig zu einem hyperaktiven Immunsystem und somit zu chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Arteriosklerose führen könne.
Fastfood versetzt Immunsystem in Panik
Eine ungesunde Ernährung kann dramatische Folgen haben, wie man längst weiss, aber liebend gerne verdrängt. Selbst die in den letzten Jahrhunderten kontinuierlich steigende Lebenserwartung wird nun höchstwahrscheinlich wieder einen Rückgang erleben. Denn Menschen, die heute geboren werden, haben eine kürzere Lebenszeit vor sich als noch ihre Eltern. Die Hauptursachen sind eine ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel.
Wie eine ungesunde Ernährung mit hohen Fastfood-Anteilen das Immunsystem und somit die Gesamtgesundheit schädigt, zeigten im Jahr 2018 Forscher der Universität Bonn. Ihre Studienergebnisse erschienen im Journal Cell. Darin schrieben sie, dass ungesunde Nahrung das Immunsystem langfristig in eine aggressive Grundstimmung versetze und die dadurch entstandenen chronischen Entzündungsprozesse selbst nach der Umstellung auf eine gesunde Ernährung noch lange bestehen bleiben.
Immunsystem reagiert auf Fastfood wie auf Krankheitserreger
Die Wissenschaftler vom Institut für Angeborene Immunität (iii Bonn) gaben für ihre Untersuchung Mäusen vier Wochen lang eine typisch westliche Ernährung (fettreich, zuckerreich und ballaststoffarm). Das Immunsystem der Tiere verhielt sich im gesamten Körper daraufhin so, als seien gefährliche Bakterien eingedrungen.
Es kam zu einem unerwarteten Anstieg bestimmter Abwehrzellen (Granulozyten und Monozyten) im Blut, was ein Hinweis auf eine Aktivität von sog. Progenitorzellen im Knochenmark ist – so Dr. Anette Christ vom iii Bonn. Progenitorzellen sind Vorläuferzellen, aus denen sich u. a. die genannten Abwehrzellen entwickeln können. Je höher also die Aktivität von Progenitorzellen im Knochenmark, umso aktiver ist das Immunsystem.
Auch nach Ernährungsumstellung bleibt Immunsystem in Alarmbereitschaft
„Genanalysen zeigten sodann, dass die westliche Ernährungsweise eine grosse Zahl an Genen in den Progenitorzellen aktivierte, die dafür zuständig sind, dass diese Zellen wachsen, ausreifen und sich vermehren“, erklärt Prof. Dr. Joachim Schultze vom Life & Medical Sciences Institute (LIMES) an der Universität Bonn und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Fastfood scheint also im Körper zu einer schnellen Rekrutierung einer grossen und starken Armee aus Abwehrzellen zu führen.
Erhielten die Mäuse nun für weitere vier Wochen eine artgerechte Ernährung aus u. a. Getreide, verschwand zwar die akute Entzündung im Körper, die genetische Programmierung der Abwehrzellen blieb jedoch weiter bestehen, was bedeutet, dass diese Zellen weiterhin aktiv blieben und sich nach wie vor im Vermehrungsmodus befanden.
„Erst kürzlich fand man heraus, dass das angeborene Immunsystem eine Art Erinnerungsvermögen aufweist”, sagt Prof. Dr. Eicke Latz, Leiter des iii Bonn und Wissenschaftler am DZNE. „Nach Überwindung einer Infektion bleibt die körpereigene Abwehr in Alarmbereitschaft, um schnell agieren zu können, falls es zu einer erneuten bakteriellen Attacke kommen sollte.“ Bei den untersuchten Mäusen aber war es keine bakterielle Infektion, die zu dieser Reaktion des Immunsystems führte, sondern schlicht das Fastfood.
Fastfood verändert die Erbanlagen
Die Bonner Forscher entdeckten anschliessend auch, welcher Teil des Immunsystems für dieses Erinnerungsvermögen zuständig ist. Es handelt sich um sog. Inflammasome(NLRP3), Proteinkomplexe in den Abwehrzellen, die Bakterien oder andere schädliche Dinge erkennen und daraufhin sofort stark entzündliche Botenstoffe ausschütten. Woran genau die NLRP3-Inflammasome nun das Fastfood erkennen, muss jedoch noch untersucht werden.
Neben der beschriebenen akuten Entzündungsreaktion und der anhaltenden Alarmbereitschaft des Immunsystems konnten die Wissenschaftler rund um Latz und Schultze noch eine weitere Besonderheit beobachten.
Die Fastfood-bedingte Aktivierung des Immunsystems änderte auch die Art, wie das Genmaterial im Zellkern verpackt ist. Genmaterial liegt in Form zweier DNA-Stränge vor, die zusammen mehr als zwei Meter lang sind. Normalerweise sind diese DNA-Stränge um bestimmte Proteine gewickelt, was dazu führt, dass manche Gene nicht „gelesen“ werden können (also inaktiv bleiben), ganz einfach weil sie nicht zugänglich sind.
Man kann sich die DNA wie ein Wollknäuel vorstellen. Jene Gene, die mitten im Wollknäuel liegen, bleiben unerreichbar. Fastfood jedoch sorgt dafür, dass sich die DNA plötzlich lockert und es an manchen Stellen dazu kommt, dass kleine Schlaufen aus dem Wollknäuel heraushängen. Die Gene nun, die zuvor gut versteckt und verpackt waren, jetzt aber auf diesen Schlaufen liegen, können plötzlich sehr leicht gelesen werden.
Wie Fastfood zu Krankheiten führt
Die Folge dieser veränderten Gen-Situation ist, dass das Immunsystem hyperaktiv wird und auch auf geringe Auslöser schon mit starken entzündlichen Prozessen reagiert. Diese wiederum beschleunigen nun die Entwicklung chronischer Erkrankungen, wie z. B. Gefässerkrankungen (Arteriosklerose) und Diabetes Typ 2.
Bei Arteriosklerose beispielsweise bestehen die Ablagerungen in den Blutgefässen grösstenteils aus Fetten (Lipiden) und Abwehrzellen. Entzündungsprozesse tragen nun direkt zum Wachstum dieser Ablagerungen bei, da die ständig neu aktivierten Abwehrzellen kontinuierlich in die beschädigten Blutgefässwände einwandern. Werden die Ablagerungen zu dick, dann können sich daraus Teile lösen, die dann wieder zu einer Verstopfung der Gefässe führen können (Thrombosen) mit den Folgen eines Schlaganfalls oder Herzinfarktes.
Kinder sollen lernen, die Verführungen der Lebensmittelindustrie zu durchschauen
„Unsere Ergebnisse haben enorme gesellschaftliche Bedeutung“, findet Professor Latz. Die Grundlagen einer gesunden Ernährung sollten daher künftig einen bedeutend grösseren Teil in der Erziehung einnehmen als bisher. Ideal sei es, wenn Kinder schon früh die Verführungen der Lebensmittelindustrie durchschauen lernten und sich daraufhin eigenständig für eine gesunde Alternative entscheiden könnten.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass dies insbesondere dann sehr gut funktioniert, wenn erstens die Eltern und andere Familienmitglieder mit gutem Beispiel vorangehen und wenn zweitens dem Kind genau erklärt wird, warum dies oder jenes nicht gesund ist. Tipps, wie Sie Ihr Kind von einer gesunden Ernährung überzeugen können, insbesondere davon, wie gesund Gemüse ist, finden Sie hier: 10 Tipps, damit Kinder mehr Gemüse essen
Quelle: Wie Fastfood krank macht